CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
JAZZ
John Escreet
Щ
SABOTAGE AND CELEBRATION
Whirlw
ind Recording/Rough Trade CD
(52
')
In New York, wo John Escreet
schon seit einiger Zeit lebt, über-
zeugte der britische Pianist mit
klischeefreiem Mainstream und
avantgardistisch ausgerichteten
Ideen. Auf „Sabotage And Ce-
lebration“ demonstriert er sei-
ne musikalische Vielfalt in ei-
nem gewaltigen Sound-Panora-
ma: Die geheimnisvollen Melo-
dien eines Streicher-Ensembles
leiten in „Axis Of Hope“ über zu
„He Who Dares“, einer turbulen-
ten Hardbop-Reminiszenz. In je-
dem Stück stecken Escreets au-
ßergewöhnliche Einfälle, die er
wie in „The Decapitator“ mit in-
novativen Improvisationen weiter-
führt.
G
.F
.
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Jim Black Trio
ACTUALITY
W
inter &
W
inter/Edel CD
(45’)
Eigentlich gebärdet sich Drummer
Jim Black als genialischer Berserker.
Er war bei Uri Cane zu Gast, trom-
melte bei Tim Berne, betreibt mit
AlasNoAxis seine eigene wilde For-
mation - jetzt erscheint mit „Actu-
ality“ sein erstes klassisches Jazz-
piano-Trio. Hier kann man Black
sanfter erleben. Trotzdem hört sich
nichts nach Bill Evans an. Immer
schiebt sich der Rhythmus bestim-
mend nach vorne. Manchmal ist er
betont simpel, ein andernmal ver-
schachtelt, immer gerade heraus
gespielt, Ecken und Kanten inbe-
griffen. So bilden Elias Stemeseder
am Flügel, Thomas Morgan am Bass
und Leader Jim Black ein sich stets
wandelndes Bild.
T.U
.
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Ahm ad Jamal
fe a tu rin g Yusef Lateef
LIVE AT THE OLYMPIA
Jazz Village/Harmonia Mundi 2
CDs &
DVD
(106')
Auf der Bühne des legendenumwo-
benen Pariser Olympia begegneten
sich im Juni
2012
der Pianist Ah-
mad Jamal und der Saxofonist Yu-
sef Lateef erstmalig „live“ für eine
Plattenaufnahme. Dass es ein sehr
gutes Konzert wurde, lag vor allem
an dem in Höchstform agierenden
Jamal Trio.
Denn bei allem Respekt vor dem
imponierenden Lebenswerk des
92
-jährigen Lateef, der bereits in
den
5
oer-Jahren Modern Jazz mit
Musik aus anderen Kulturkreisen
verband, geriet sein Feature zwie-
spältig. In „Exatogi“ lässt er auf
dem Tenorsax nur noch Spuren
einstiger improvisatorischer Ori-
ginalität erkennen. Etwas inspi-
rierter klingen seine leicht orien-
talisch eingefärbten Flötenbeiträ-
ge in „Masara“. Erst als Sänger in
dem Blues „Trouble In Mind“, den
er mit dem eigenen „Brother Hold
Your Light“ verbindet, wirkt Lateef
überzeugend.
Ahmad Jamal genießt in Frank-
reich hohes Ansehen. Schon in
der Vergangenheit animierte das
lässige Flair der Seine-Metropole
den mittlerweile auch schon über
80
-jährigen Pianisten zu kreativen
Höhenflügen. Obwohl er dort das
gleiche Repertoire wie auf seiner
Platte „Blue Moon“ präsentiert,
stellt sich in Titeln wie „Autumn
Rain“ und „This Is Life“ niemals
Langeweile ein. Die Interaktionen
mit seinem Rhythmus-Team, bei
dem sich Reginald Veals subtile
Bassfiguren mit Herlin Rileys va-
riantenreichem Schlagzeugspiel
und den erdigen Sounds des Per-
kussionisten verbünden, sind wie
in dem Klassiker „Poinciana“ von
höchster Intensität.
Das Konzert ist auch klangtech-
nisch hervorragend aufgezeichnet,
und auf der als Bonus beigefügten
DVD kann man die Protagonisten in
Aktion sehen.
Gerd Filtgen
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ___________
Tim A llh o ff Trio
KID ICARUS
Care/Edel CD
(62
')
Als Ikarus der Sonne entgegen-
flog, schmolz das Wachs, das sei-
ne Flügel verband, und er stürzte
ins Meer. Es war sicherlich die Lust
am Abenteuer und dem Unvorher-
sehbaren, die das Trio des Pianis-
ten Tim Allhoff zu der Aufnahme
von „Kid Icarus“ animierten. Von
dem tragischen Ende des Prota-
gonisten aus der griechischen My-
thologie ist in ihrer Musik nichts zu
spüren. Stattdessen dominieren in
den elf Titeln viele entdeckungsrei-
che musikalische Trips, die immer
ein positives Ende haben. Angeregt
von dem luftigen Groove des Rhyth-
mus-Teams steigert sich der Leader
in jedem Titel in motivreiche Impro-
visationen.
G
.F
.
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Herbie Hancock: The Warner Bros. (1969-1972)
Rhino/Warner Bros. 3 CDs (153’)
James Brown und Sly And The Fa-
mily Stone zu einer Jamsession ge-
troffen. Hancocks fantasievolle Pi-
ano- und Keyboard-Motive in Kom-
positionen wie „Wiggle-Waggle“
und „Fat Mama“ tragen zu diesem
Eindruck bei.
Ungewöhnliche Themen und
ein dichtes rhythmisches Geflecht
kennzeichnen Hancocks Live-Al-
bum „Mwandishi“. Anlässlich die-
ser Session hatten sich die Band-
mitglieder afrikanische Namen zu-
gelegt. „Ostinato (Suite For Ange-
la)“ ist ein leidenschaftliches mu-
sikalisches Mani-
fest, das sich für
die Vorstellungen
der
Polit-Aktivis-
tin Angela Davis
stark macht. Da-
für sorgen im über-
tragenen Sinne ei-
ne funky Basslinie, abenteuerliche
Rhythmen und starke Kollektiv-Im-
provisationen.
Mit dem gleichen Sextett nahm
Herbie Hancock alias Mwandis-
hi die Platte „Crossings“ auf. Be-
reits das Intro der über
20
-minü-
tigen Suite „Sleeping Giants“ mit
furiosen Drum-Aktionen ist ei-
ne Wucht. Eigenartige Synthesi-
zer-Klänge pendeln zwischen de-
zenter, für Soundtracks geeigneter
Effektuntermalung und den End-
losschleifen psychedelischer Pop-
musik. Die Alben-Trilogie, die mit
einigen bislang unveröffentlich-
ten Bonus-Tracks ergänzt wur-
de, liefert immer noch genügend
Stoff für neue Hörerfahrungen.
Gerd Filtgen
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★ ^ ^ ^ ^ ^ ^
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ "
1
F u s io n -P r e tio s e n
Album-Trilogie aus Herbie
Hancocks Warner-Jahren
N
ach erfolgreichem Debüt auf
dem Label Blue Note und ei-
nem langjährigen Engagement im
Miles Davis Quintett betrat Herbie
Hancock auf drei für Warner Bros.
eingespielten Alben neue musikali-
sche Experimentierfelder. Unlängst
wurden sie in einer Box wiederver-
öffentlicht.
In „Fat Albert Ro-
tunda“ dominieren
energiereiche Soul-
und Funk-Sounds.
Die Bläsersätze klin-
gen mitunter derart
wuchtig, als hätten
sich die Bands von
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
STEREO 10/2014 145